Muss ich mal in den Spiegel sehn,
neig ich dazu, mich umzudrehn.
Denn da im Spiegel merk ich flott:
Ich bin ein Mensch – und doch kein Gott!
Kategorie: georg raabe archiv [komische dichtung]
DOI: 10.17436/etk.c.001
Adel verpflichtet
Auf wen sind alle Damen scharf?
Auf den Herrn Graf!
Wen wolln die Fraun von Sylt bis Bayern?
Na klar, den Freiherrn!
Von wem lässt jede Braut sich bürsten?
Wohl nur vom Fürsten!
Wo stehn die Schönen Schlange schon?
Vorm Herrn Baron!
Ich weiß, wofür ich Titel habe.
Graf Freiherr Fürst Baron von Raabe
Wunder des Wahlkampfs
Der Wahlkampf. Gong! Die letzten Runden
bescheren uns noch goldne Stunden:
Ne Dicke, die die Flut durchstiefelt.
Ein Sozi, tränenübertriefelt –
vom Reden seiner Frau becirct.
Dann las ich: “Brüderle gestürzt.”
Sind das die neuen Liberalen?
Die angesichts der nahen Wahlen
den Doof ergreifen und es wagen,
ihn aus Fraktion und Amt zu jagen?
Und da begann in mir ein Hoffen.
Jedoch: Er stürzte bloß besoffen.
Ave zum Konklave
Die Sonne Gottes über Rom
schien warm und hell auf Peters Dom.
Recht dunkel tönte da das Ave.
Be welcome, boys! Es ist Konklave.
Es tagt der Klub in Scharlachrot,
ganz nah an Gott, ganz nah am Tod,
kürt seinen Primus und Pupazzo,
den Nachfolger des Papa Razzo.
Also: Sistina dichtgemacht!
Auf dass der Neue alsbald lacht
recht fromm und froh und schon an Ostern
von T-Shirts, Tassen, Tand und Postern.
Wobei streng nach divinum ius
allein der sanctus spiritus
den neuen Papst bestimmen kann.
Was macht die Purpurbrut denn dann?
Ob man die Zeit für andres braucht
In Ecken heimlich Weihrauch raucht?
Tanzt man entrückt in der Capella
gemeinsam tüchtig Tarantella?
Zieht man sich Fässer Messwein rein?
Lässt man gar heimlich Weiber ein?
Man weiß es nicht und will’s nicht wissen.
Der heil’ge Geist? Fühlt sich beschissen.
Und seine Stimme ruft in Rom
aus Gottes Himmel überm Dom:
“Ich sagte doch, ihr feisten Biester,
kein Mann diesmal – und auch kein Priester!”
Deutsche Eiszeit
Dem Maya-Menetekel kaum entkommen,
zieht neues Grauen übers deutsche Land,
greift nach den Guten, Redlichen und Frommen
das Schicksal nun mit grabeskalter Hand.
Mit Blitzeis, Schneeflut, fürchterlichem Frosten,
wo jede Boeing bloß am Boden liegt.
Zehn Schwaben starben schon an Heizungskosten,
derweil der Hesse auf die Fresse fliegt.
Wird Steinbrück uns ein Statement unterbreiten?
“Der Winter dient der Sparhaushalt-Idee.
Denn Rentner, die auf Eis ins Jenseits gleiten,
die tun der Rentenkasse nicht mehr weh.”
Auf Straßen Schlittschuh fährt der, wer gescheit ist.
An Hundekacke bricht man sich den Zeh.
Und wem der Weg zum Supermarkt verschneit ist,
holt sich im Wald ein tiefgekühltes Reh.
Dem Brüderle zog Eiswind in die Ohren
und hat – trotz Frostschutzmittel “Pfälzer Wein” –
sein Restgehirn weitgehend eingefroren.
Seitdem glaubt er ein “Spitzenmann” zu sein.
Darf sich ein Pinscher Pudelmützen leihen?
Das hätte ich noch gern thematisiert.
Doch geht es nicht. Ich hoffe, Sie verzeihen!
Weil mir hier diese Strophe schon gefr