Die hier schon angedeuteten Überlegungen nehmen etwas Form an. Die Einschaltungen von kleinen Texten vor den (etwas über 100) einzelnen Passagen sind notwendig und verfolgen mindestens vier Zwecke:
a) Konstruktion eines Rahmens (eines Kontinuums), der die Summe der Texte zusammenhält. Der den Text insgesamt lesbarer macht, d.h. den “Plot” transparenter
b) Erzeugung einer Distanz zum Ich-Erzähler
c) Verknüpfung, Anspielung von Themen und Diskursen (wie erarbeitet in den überschreibungen … hier also die Stelle, an der dieser Text wieder zurückfliessen kann)
d) Transzendierung des Inhalts (der jew. folgenden Passage). Öffnung von Assoziations- und Interpretationsspielräumen
Wie erwähnt, wurden einige Texte von mir angeschaut, anhand derer man diverse Verfahren mit unterschiedlichen Ausrichtungen erkennen kann. Ich nenne nur zwei bekannte Beispieltexte.
1. Henry Fielding, Joseph Andrews (Book two)
(In “Tom Jones” ist das Verfahren natürlich dasselbe …)
A dreadful Quarrel which happened at the Inn where the
Company dined, with its bloody Consequences to Mr Adams.
[ ], (S.124)
oder:
In which the Gentleman descants on Bravery and heroic Virtue,
till an unlucky Accident puts an end to the Discourse
[ ], (S.140)
Bei Fielding finden sich fast ausnehmend ironische Halbzusammenfassungen mit Ausblick auf ein bestimmtes Ereignis, ohne es aber zu benennen (cliffhanger). Die Dinge werden hier aber (plotmässig) exakt auf den Punkt gebracht.
2. Robert Musil, MoE (I.)
Die Parallelaktion erregt Bedenken. In der Geschichte
der Menschheit gibt es aber kein freiwilliges Zurück
[ ], (S.231)
oder:
Dem Zivilstand ist auch auf dem Weg
der Körperkultur schwer beizukommen
[ ], (S.421)
oder:
Ulrich unterhält sich mit Hans Sepp und Gerda in der Mischsprache
des Grenzgebiets zwischen Über- und Untervernunft
[ ], (S.549)
Im MoE werden nicht durchgängig Epigraphe den Kapiteln vorangestellt. Oft handelt es sich um einfache Titel oder kleine Überschriften (z.B.: Kap. 51: “Das Haus Fischel“). Bei obigen ersten zwei MoE-Beispielen handelt es sich jew. um einen Vorspann, der das Geschehen fast nur auf abstrakter Ebene nennt bzw. andeutet. Im letzten Beispiel findet eine Synthese aus kurz angedeutetem Plotinhalt und Nennung (auch Bewertung) des Metadiskurses des Kapitels statt. So eine Form schwebt mir vor, obwohl im Falle Dranmor eine eigene Sprache gefunden werden müsste. Unklar ist auch noch, wie die Erzählposition innerhalb dieser Textflecken ausschauen könnte. Aus der Sicht: Man oder Wir oder der personalen Perspektive?
Hier ein paar erste Entwürfe zum ersten Kapitel:
In einer kleinen Stadt, die überall sein könnte, tastet man sich,
trifft man sich unerwartet, vorsichtig ab. Man triftet ab.
[ ]
bzw:
Gerade in kleinen Städten findet Begriffsbildung statt. Das ist wichtig
für den zukünftig korrekten Umgang mit Zeit und Raum
[ ]
bzw:
Die Jugend ist nur in zweiter Linie ein Zeitraum. Vor allem ist sie
ein prägender Stoff für Standortdiskussionen, die aber
nicht immer interessant sein müssen
[ ]
(so ungefähr wie gesagt, es ist ein erster Entwurf. Ich freue mich aber über jedes Feedback.)