Dranmor VII,4d

(Bar Brasil)

Ein letztes Bier, schlägt Fernando vor. … noch einen nehmen, so sagte er es.  Hier, diese Bar habe neu eröffnet. Eine brasilianische Bar, wahrscheinlich viele Einwanderer und Asylsuchende, aber hier in diesem Viertel sei nicht mehr so viel geöffnet, nicht an einem Montag um diese Uhrzeit, es sei ja auch schon drei. Und es sah freundlich und harmlos aus, von aussen. Ein bisschen billig auch, die Fenster verklebt, mit knalligen Aufschriften in grün und gelb. Wir treten durch eine abgedunkelte, schwere Glastüre – ein süsser Dunst schlägt uns entgegen. Kitschiges Ambiente. Tropfsteinhöhlenrequisiten aus Pappmachee. In der Ferne ist ein DJ-Pult, dahinter eine etwas ältere Frau in hautengem Etwas zu vermuten, angestrahlt, leuchtend, hinter ihr eine barbusige Comicfigur, eine Frau mit Vampirzähnen und Fledermausflügeln. Aha, eine Mottobar, meine ich zu Fernando, From Dusk till Dawn – für Arme und noch nicht mal was los hier, entgegnet er, aber gut, für ein Cervesa sollte das reichen. Wir müssen uns beinahe anschreien, so laut die Musik, Hiphopmusik mit brasilianischen Anspielungen. Wir nehmen Platz an einem nächstbesten Tisch in der Mitte des Raumes, hinter uns, das fällt mir jetzt erst auf, eine Stange auf einem kleinen Podium, ausgeleuchtet, der Hintergrund, eingefasst in rotem Samtimitat. Es sei einmal ein Puff hierin gewesen, man habe nicht viel verändert. Die Besucher. Meine Frage an Fernando, ob es sich nicht vielleicht doch immer noch um einen Puff oder so etwas ähnliches handelte, nachdem ich in einer Nische vier herumalbernde Mädchen in nur äusserst spärlicher Bekleidung gesehen habe. Eine steht nun auf, läuft zu dieser Stange und räkelt und windet sich um sie und und an ihr ich vermute, dass es sich hierbei um keinen neuen Tanzstil handelte. Überhaupt, nur halbnackte Mädchen, hier. Aber es sei ja eine brasilianische Bar, und, wie ich vielleicht wüsste, sei dort ja prinzipiell alles ein bisschen zwangloser. Ich entgegne nichts. Und dass vielleicht die eine oder andere … eine Bedienung kommt an unseren Tisch, auch sie sozusagen in zwangloser Strandkleidung. Wir bestellen zwei Biere. Augenpaare suchen meinen Blick, von allen Seiten. Fernando hat nichts zu sagen, im Moment, hält die Hände unter dem Tisch und sieht alles in allem etwas in sich versunken aus. Dort drüben, eine dunkle Langhaarige, sitzt alleine und schlägt die Beine übereinander, blinzelt. Ich schaue weg. In einer anderen Ecke, ein Mädchen löst sich aus ihrer Mädchengruppe und kommt zu uns herüber, nein, kurz vor unserem Tisch bleibt sie stehen und fängt zu tanzen an. Unsere Getränke werden gebracht, ein Kassenausdruck wird diskret unter die Schale mit Nüssen geschoben. Sie murmelt etwas, streicht mit der Hand über eine Ecke des Tisches, lacht und trippelt wieder zurück an ihre Bar. Mir fallen ihre hochhackigen Schuhe, die eigentlich nur Absätze sind, auf. Eine Gruppe junger Männer tritt ein. Vier Jungs, die sich hier bestens auszukennen scheinen, grüssen das Mädchen an der Bar, die neben uns Tanzende und gehen zu der Sofaecke neben dem Mischpult. Die Frau hinter den Plattentellern grüsst sie mit einem knappen Blick, der nichts bedeutete. Ich bin etwas nervös, Fernando scheint sich zu langweilen.