Im Brunnen

(M56)

Das fließende Wasser zwischen den Büchern, dort in der Bibliothek beuge ich mich unter einen Wasserhahn, das ist der ganze Zauber, sage ich, Bücher und Wasser. Es ist wunderbar, daß in der Bibliothek jemand an Wasser gedacht hat, nämlich vielleicht der Architekt, Scharoun. Es sieht ja fast wie ein Versehen aus, eine falsch gelegte Leitung oder eine nicht geplante Nutzung des Raums. Ich ziehe diese Bibliothek allen übrigen vor wegen dieses Wasserhahns neben den Regalen. Sie ist auch sonst sehr freundlich, die verschiedenen Steine und die zum Himmel schrägen Fenster, der Zugang über die Brücke mit dem abgestuften Garten. Aber, das ist eben alles Scharoun, dieses Waschbecken und das Wasser sind einfach menschlich. Ich bin sehr dankbar für diese Kleinigkeit. (…) Die Unbekannten. ich habe es ja jedes Mal, wenn ich vom Brunnen, was für ein schönes Wort, wie schön wäre das gewesen, einen Brunnen in der Bibliothek zu haben oder eine Bibliothek im Brunnen, wieder neu gesehen dieses Bild und bedauere jetzt in meiner Ungeduld, daß ich nicht schon vorhergesehen habe, wie ich es bei der nächsten Wiederkehr, und Einkehr, DIE OFFENEN TÜREN, sehen werde.

Aus: Ariane Breidenstein, Und nichts an mir ist freundlich, S.109f., Frankfurt a.M., 2007

An dieser Stelle endet Benedikts Passagensammlung.